Adidas vs. die Zivilgesellschaft? Marken und Recht!

von | Mrz 30, 2023

Das Unternehmen Adidas ging laut einem Bericht des Guardian gegen die Grassroots-Bewegung Black Lives Matter vor. Nach öffentlichem Aufschrei hat Adidas aber ihren Widerspruch nach wenigen Tagen gleich wieder zurückgezogen.

Gegenstand der Auseinandersetzung sind drei Streifen, die sowohl in den Signets des Markengiganten als auch der Bewegung vorkommen. Adidas argumentiert, das Logo der Bewegung sei zu ähnlich. Kann es tatsächlich zu Verwechslungen kommen? Und wie kommt es dazu, dass globale Unternehmen in Auseinandersetzung mit zivilen Bewegungen geraten?

Dieses Bild zeigt das Adidas und das Black Lives Matter Logo.

Branding. Here, there, everywhere?

Branding, die Kennzeichnung von Produktion, Dienstleistungen oder immateriellem Gut besteht seit langer Zeit. Handwerker kennzeichneten ihre Waren schon in der Antike.

Als Disziplin hat Branding ihren Ursprung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit dem Beginn der Konsumentenkultur. Unternehmen erarbeiten sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.

Heute vermarktet sich jeder und alles. Durch die sozialen Medien werden Individuen die Werkzeuge gegeben, sich selbst vor einer breiten Masse darzustellen. Ob als Influencer oder Mini-Produzent, Logos, Fotos, Texte werden genutzt, um sich selbst oder Produziertes so darzustellen, um die positive Aufmerksamkeit der breiten Massen zu erlangen.

Diese Illustration zeigt die Regenbogenfarben.

Wie wichtig ist Branding im Bereich der Zivilgesellschaft?

Auch Projekte der Zivilgesellschaft stehen in Konkurrenz und ringen um Aufmerksamkeit. Sie nutzen ähnliche Kommunikationskanäle wie Unternehmen und senden dort ihre Botschaften.

Eine „Marke“ im umgangssprachlichen Sinn kann es natürlich unabhängig von der formaljuristisch wirksamen Eintragung in ein Markenregister geben, schon allein durch Benutzung. Im rechtlichen Sinn ist für eine Marke aber erforderlich, dass ein Zeichen geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Weshalb braucht eine politische Bewegung dann überhaupt eine Marke? Es handelt sich gar nicht um Marktteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen anbieten. Aber natürlich spielt neben der Außendarstellung Branding aber auch in der Innendarstellung der Aktivist:innen eine wichtige Rolle. Branding schafft Identifikation mit einer Idee, definiert verständliche und kurze Botschaften und bildet ein Gemeinschaftsgefühl.

Ein gut gestaltetes Logo, ein Slogan oder eine visuelle Identität erleichtern es Unterstützer:innen, Informationen über die Bewegung in sozialen Medien oder über andere Kanäle zu teilen. Recherche zu Rechten an Wort- und Bildmarken sehen dabei im Hintergrund. Nicht zuletzt, da zivilgesellschaftliche Projekte auch nicht als wirtschaftliche Unternehmungen verstehen und zumindest anfänglich auch keine rechtlich Form haben.

Dieses Bild zeigt eine Frau sitzend auf einem Sofa mit Handy.

Black Lives Matter Global Network Foundation

Die Marke „BLACK LIVES MATTER“ ist in den USA als Wortmarke schon länger registriert, nicht aber als Bildmarke.

Im konkreten Fall wollte die BLM Foundation sich nun aber auch die Rechte an der oben gezeigten Bildmarke sichern – und das u.a. auch für die Waren „Kleidung“. Die BLM Foundation wollte damit wohl verhindern, dass sich andere Trittbrettfahrer ihr Logo aneignen und mit Merchandise Geld verdienen. Adidas war eine weitere Marke mit drei Streifen in der Warenklasse „Kleidung“ aber ein Dorn im Auge.

Aber hat dies denn Sinn? Die zwei Logos sehen doch verschieden aus, das sieht doch jeder!

Tatsächlich ist hier wohl bei Betrachtung der beiden Zeichen nebeneinander die Gefahr der Verwechslung gering. Gerade bei berühmten Marken kommt es aber nicht allein auf tatsächliche Verwechslungen an. Adidas hat als Grund für ihren Widerspruch auch „dilution“, also die Gefahr der „Verwässerung“ der Marke angeführt. Die Rechtsprechung geht auch nie davon aus, dass ein Verbraucher tatsächlich beide Marken zum Vergleich vor sich hat – vielmehr wird angenommen, dass eine Erinnerung an ein diffuses Bild abgespeichert ist. Somit können schon Assoziationen ausreichen.

Hätte Adidas Chancen gehabt, damit durchzukommen?

Nach öffentlichem Aufschrei hat Adidas aber ihren Widerspruch nach wenigen Tagen gleich wieder zurückgezogen. Aber auch sonst wäre unwahrscheinlich gewesen, dass das U.S. Markenamt die neue Markeneintragung der BLM Foundation aufgrund des Widerspruchs von Adidas verweigert. Zu groß ist hier die Dominanz der Wort-Elemente und die visuellen Unterschiede. Aber Adidas geht – wie auch andere Fashion-Marken – durchaus rigoros gegen Konkurrenz vor, die sich ihren Marken, zumeist den drei Streifen annähert – mit wechselndem Erfolg. So hat Adidas zB 2016 die Eintragung folgender Formmarke auf Basis ihres eigenen Schu-Designs mit drei Streifen verhindert:

 

Dieses Bild zeigt einen Skizze eines Schuhs von Adidas.

Warum ist Markenschutz dennoch generell wichtig?

Eine Marke ist eine wertvolle Sache. Sie dient zur Kundenbindung durch positive Assoziationen und hebt Leistungen wiedererkennbar von Konkurrenzangeboten ab. Ist eine Marke nicht geschützt, können andere Unternehmen durch ähnliche Logos, Slogans oder andere Elemente Verwirrung stiften. Ist eine Marke geschützt, kann dagegen vorgegangen und unbefugte Nutzung durch rechtliche Schritte unterbunden werden.

Inwiefern ein Anspruch jedoch legitim ist, siehe den Fall Adidas vs. Black Lives Matter, ist oft schwer zu klären. Dass weltweite tätige Konzerne gegen gemeinnützige Organisationen vorgehen können, scheint auf den ersten Blick fraglich und ethisch nicht korrekt. Dennoch ist es wichtig, dass dies möglich ist.

Denn ein Markeninhaber sollte immer die Möglichkeit haben, sich von anderen Unternehmen oder eben auch Bewegungen abzugrenzen. Denn man nehme an, es bestünde die Gefahr der Verwechslung zwischen einem Unternehmen und einer Organisation aus dem politisch rechten Spektrum wie der The Heritage Foundation im Sinne einer absichtlichen Aktion Ideologie als Trittbrett über ein weltweites Unternehmen an eine breite Zielgruppe zu kommunizieren? Eine gefährliche Angelegenheit, wenn sich dagegen nicht vorgehen ließe?